KURT WOLDMANN

Kann ich Zeit malen ?

Bin doch ich in dem Prozess des schon Getanen, Gemalten, konfrontiert mit dem Darauffolgenden durch mein Handeln immer wieder beim Getanen.

Dreh ich mich nach vorn oder nach hinten, ist meine Schöpfung ein Teil des Zurückliegenden oder das, was kommt?

Ist der Moment ein Teil, ist er fließend, also doch nicht teilbar?

In einigen Malprozessen spüre ich wie es zeitlos wird und mein Empfinden dem vorgegebenen Rhythmus nicht mehr folgt, ich mich verliere und ganz mit der Materie verschmelze.

Zeitlos, Durchströmen von Stillstand, nicht im Jetzt, im Vorher und dem Darauffolgendem ist. Wie in einer Spirale, der Anfang und Ende fehlt.

Ist die Zeit ohne Ende und Anfang nicht so, wie das Licht nicht ohne Dunkel sein kann, oder ist es der Raum, in dem ich sie, die Zeit, einordne?

Nehme ich ihr meinen Raum , ist sie weder Licht noch Dunkel, sondern offen und eins mit allem wie ich ein Teil von ihr bin, nicht teilbar, sondern ganz.

„Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle verschiedenen Augenblicke so betrachten, wie Sie z.B. die Gebirgszüge der Rocky Mountains betrachten können. Sie könnten sehen wie Augenblicke fortdauern. Vielleicht ist es ja nichts weiter als eine Illusion, zu glauben, daß ein Augenblick dem anderen folgt wie Perlen auf einer Schnur, und daß, wenn ein Augenblick vorbei ist, er für immer vorbei ist.“ (Kurt Vonnegut/Slaughterhouse Five)

Das was wir sehen, ist kein statisches Erlebnis, die Welt, die uns in seinen Bildern vorgeführt wird, ist flüchtig, rauscht an uns vorbei, wird zur Momentaufnahme. Halt, möchte man rufen, bewege ich mich oder ist es das Bild, das sich vor meinen Augen bewegt? Die Eindeutigkeit des Raum-Zeit-Kontinuums ist aufgehoben, eine verbindliche Perspektive gibt es nicht mehr, übrig bleibt eine Welt herum wirbelnder Splitter und Partikel, die sich soeben neu zusammenfügt und droht, bereits im nächsten Augenblick, wieder auseinander-zufliegen. Werden und Vergehen, alles ist Gleichzeitig.

( Text: Birgit Ripel zu arbeiten von Kurt Woldmann )